Guten Tag,
Ihr Gepäck ging auf dem Rückflüg von Marokko verloren, oder verspätete sich.
Sie könnten deshalb Ansprüche aus dem Montrealer Übereinkommen innehaben.
Das Montrealer Übereinkommen gilt immer dann, wenn der Abflugort und der Bestimmungsort in je einem Vertragsstaat liegen. Marokko hat das Montrealer Übereinkommen leider nicht unterzeichnet. Marokko ist aber Vertragsstaat des Warschauer Abkommens. Das Verhältnis zwischen dem MÜ und dem WA regelt Art. 55 des MÜ:
Artikel 55 - Verhältnis zu anderen mit dem Warschauer Abkommen zusammenhängenden Übereinkünften
Dieses Übereinkommen geht allen Vorschriften vor, die für die Beförderung im internationalen Luftverkehr gelten
1. zwischen Vertragsstaaten dieses Übereinkommens aufgrund dessen, dass diese Staaten gemeinsam Vertragsparteien folgender Übereinkünfte sind:
a) Abkommen zur Vereinheitlichung von Regeln über die Beförderung im internationalen Luftverkehr, unterzeichnet in Warschau am 12. Oktober 1929 (”Warschauer Abkommen”)
Damit ist das Montrealer Übereinkommen auf Ihren Fall anwendbar.
1. Gepäckverspätung
Im Falle einer Gepäckverspätung steht Ihnen deshalb ein Anspruch aus Artikel 19 des Montrealer Übereinkommens zu:
Der Luftfrachtführer hat den Schaden zu ersetzen, der durch Verspätung bei der Luftbeförderung von Reisenden, Reisegepäck oder Gütern entsteht. Er haftet jedoch nicht für den Verspätungsschaden, wenn er nachweist, dass er und seine Leute alle zumutbaren Maßnahmen zur Vermeidung des Schadens getroffen haben oder dass es ihm oder ihnen nicht möglich war, solche Maßnahmen zu ergreifen.
Dazu folgende Urteile:
AG Frankfurt a.M., Urteil vom 13.06.2013, Az.: 29 C 2518/12(19) (ganz einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: " AG Frankfurt Az.: 29 C 2518/12 (19) reise-recht-wiki.de")
Der zu ersetzende Schaden besteht u.a. aus den notwendigen Ausgaben, die getätigt wurden, um das fehlende Gepäck auszugleichen. Die Notwendigkeit muss jeweils nachgewiesen werden.
AG Frankfurt a.M., Urteil vom 03.02.2011, Az. 32 C 2427/10-84 (ganz einfach zu finden, wenn Sie bei Google eingeben: " AG Frankfurt Az.: 32 C 2427/10-84 reise-recht-wiki.de")
Bei einer Gepäckverspätung müssen betroffene Passagiere sich immer an die Airline wenden, die das Gepäck auf der betroffenen Strecke transportiert hat. Diese Airline muss dann bis zur Obergrenze von etwa 1.300 € alle finanziellen Schäden ersetzen.
Den Urteilen und Artikel 19 des Montrealer Übereinkommens nach hat die Fluggesellschaft Ihnen den entstandenen Schaden zu ersetzen, das heißt, jeden materieller Schaden bis zur Obergrenze von etwa 1.300 Euro.
2. Gepäckverlust
Gemäß Artikel 17 Absatz 2 S. 1 MÜ gilt im Fall eines Gepäckverlusts dasselbe, wie im Artikel 19 MÜ:
(1) Der Luftfrachtführer hat den Schaden zu ersetzen, der dadurch entsteht, daß ein Reisender getötet oder körperlich verletzt wird, jedoch nur, wenn sich der Unfall, durch den der Tod oder die Körperverletzung verursacht wurde, an Bord des Luftfahrzeugs oder beim Ein- oder Aussteigen ereignet hat.
(2) Der Luftfrachtführer hat den Schaden zu ersetzen, der durch Zerstörung, Verlust oder Beschädigung von aufgegebenem Reisegepäck entsteht, jedoch nur, wenn das Ereignis, durch das die Zerstörung, der Verlust oder die Beschädigung verursacht wurde, an Bord des Luftfahrzeugs oder während eines Zeitraums eingetreten ist, in dem sich das aufgegebene Reisegepäck in der Obhut des Luftfrachtführers befand.
Auch bei einem Gepäckverlust hat die Fluggesellschaft Ihnen also den Schaden zu ersetzen.
3. Heimflug
Aus dem Übereinkommen geht nicht hervor, dass der Schaden lediglich auf einem Hinflug entstanden sein darf. Offenbar unterstellt die Fluggesellschaft, dass man, im Falle einer Gepäckverspätung, das Nötigste Zuhause hat, und deshalb keine Neuanschaffungen tätigen muss. Sollte dies nicht der Fall sein, dann ist es an Ihnen dies nachzuweisen. Objektiv ist es aber, beispielsweise bei speziellen Kosmetikprodukten, nicht notwendig diese in doppelter Ausführung für den Fall einer Kofferverspätung Zuhause zu haben.
Beim Gepäckverlust ist dies selbstverständlich anders. In diesem Fall ist es unerheblich um welchen Flug es sich handelt.
4. Gepäckinhalt
Die Fluggesellschaft äußerte Ihnen gegenüber, dass Sie nichts wichtiges und kostbares im Koffer transportieren sollten. Dies gilt für Schmuck, besondere Elektronik oder ähnliches, die nicht zwangsweise zum täglichen Bedarf gehören. Gerade bei Kosmetikprodukten ist dies aber nicht der Fall.
Abschließend ist also zu sagen, dass Sie, völlig unabhängig davon, ob Ihr Gepäck auf dem Hin- oder dem Rückflug verloren geht, sehr wahrscheinlich einen Anspruch auf Erstattung des Ihnen dabei entstandenen Schadens haben. Diesen müssen Sie innerhalb von 21 Tagen gegenüber Ihrer Fluggesellschaft geltend machen.