Hallo,
4 Tage vor eurem Rückflug aus Ägypten nach Halle/Leipzig wurde euch von Neckermann mitgeteilt, dass euer Flug verschoben wurde und nach Köln fliegen sollte. Nun fragst du dich, ob diese Umbuchung eine Beförderungsverweigerung darstellt und ob ihr Ansprüche gegen Condor geltend machen könnt, obwohl Neckermann die Flüge umgebucht hatte.
Dazu habe ich folgendes Urteil gefunden (einfach zu finden, indem du auf Google „2-24 S 29/16 reise-recht-wiki.de“ eingibst):
LG Frankfurt, Urt. v. 18.08.2016, Az: 2-24 S 29/16
Die bestätigte Buchung einer Flugpauschalreise kann sich durch einen Beleg vom Reiseveranstalter ergeben, wenn der Flug ebenfalls Teil der Reise ist.
Die Verlegung eines Fluges durch den Reiseveranstalter kann zu einer Haftung des ausführenden Luftfahrtunternehmens führen.
Die Verweigerung der Erfüllung durch den Reiseveranstalter ist möglicherweise dem ausführenden Luftfahrtunternehmen entgegenzuhalten.
Aus einer Umbuchung durch den Reiseveranstalter kann eine Beförderungsverweigerung durch das Luftfahrtunternehmen gesehen werden, diese rechtfertigt unter Umständen das fordern einer Ausgleichsleistung.
Meiner Ansicht nach, steht euch ein Anspruch auf 400€ Ausgleichszahlung zu. Dies begründet sich wie folgt:
Zunächst ist zu klären, ob hier eine Nichtbeförderung vorliegt. Eine solche Nichtbeförderung (oder Beförderungsverweigerung) liegt dann vor, wenn einem Fluggast verweigert wird, einen von ihm gebuchten Flug auch anzutreten. Die genaue Definition und weiter Informationen findest du hier. Das ist bei euch der Fall. Ihr habt einen Flug bei Condor gebucht, den ihr allerdings aufgrund einer Umbuchung nicht antreten konntet.
Art. 4 Abs. 3 i.V.m. Art. 7 Abs. 1 S. 1 lit. b) FluggastrechteVO beschreibt, welche Ansprüche Reisende bei einer Nichtbeförderung haben:
Artikel 4:
(1) Ist für ein ausführendes Luftfahrtunternehmen nach vernünftigem Ermessen absehbar, dass Fluggästen die Beförderung zu verweigern ist, so versucht es zunächst, Fluggäste gegen eine entsprechende Gegenleistung unter Bedingungen, die zwischen dem betreffenden Fluggast und dem ausführenden Luftfahrtunternehmen zu vereinbaren sind, zum freiwilligen Verzicht auf ihre Buchungen zu bewegen. Die Freiwilligen sind gemäß Artikel 8 zu unterstützen, wobei die Unterstützungsleistungen zusätzlich zu dem in diesem Absatz genannten Ausgleich zu gewähren sind.
(2) Finden sich nicht genügend Freiwillige, um die Beförderung der verbleibenden Fluggäste mit Buchungen mit dem betreffenden Flug zu ermöglichen, so kann das ausführende Luftfahrtunternehmen Fluggästen gegen ihren Willen die Beförderung verweigern.
(3) Wird Fluggästen gegen ihren Willen die Beförderung verweigert, so erbringt das ausführende Luftfahrtunternehmen diesen unverzüglich die Ausgleichsleistungen gemäß Artikel 7 und die Unterstützungsleistungen gemäß den Artikeln 8 und 9.
Artikel 7:
(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlungen in folgender Höhe:
a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1500 km oder weniger,
b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1500 km und 3500 km,
c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.
Bei der Ermittlung der Entfernung wird der letzte Zielort zugrunde gelegt, an dem der Fluggast infolge der Nichtbeförderung oder der Annullierung später als zur planmäßigen Ankunftszeit ankommt.
Weil die Entfernung Hurghada – Halle/Leipzig zwischen 1.500 km und 3.500 km beträgt, habt ihr nach diesem Artikel einen Anspruch auf 400€ Ausgleichszahlung.
Die Frage ist allerdings, ob diese Beförderungsverweigerung auch zu Lasten von Condor gehen kann. Dies ergibt sich aus Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung:
(2) Absatz 1 gilt unter der Bedingung, dass die Fluggäste
a) über eine bestätigte Buchung für den betreffenden Flug verfügen und – außer im Fall einer Annullierung gemäß Artikel 5 – sich – wie vorgegeben und zu der zuvor schriftlich (einschließlich auf elektronischem Wege) von dem Luftfahrtunternehmen, dem Reiseunternehmen oder einem zugelassenen Reisevermittler angegebenen Zeit zur Abfertigung einfinden oder, falls keine Zeit angegeben wurde, – spätestens 45 Minuten vor der veröffentlichten Abflugzeit zur Abfertigung einfinden oder
b) von einem Luftfahrtunternehmen oder Reiseunternehmen von einem Flug, für den sie eine Buchung besassen, auf einen anderen Flug verlegt wurden, ungeachtet des Grundes hierfür.
Hierbei ist b) entscheidend. Auch wenn Art. 3 Abs. 2 lit. b) der Verordnung selbst keine Haftung des ausführenden Luftfahrtunternehmens (für den Reiseveranstalter) anordnet, kann trotzdem allein die Verlegung eines Fluges (auch durch den Reiseveranstalter) auf einen Flug, bei dem es zu einer Leistungsstörung kommt, zu einer Haftung des ausführenden Luftfahrtunternehmens gegenüber dem Fluggast führen.
Das bedeutet, dass Condor sehr wohl für die Umbuchung durch Neckermann zu haften habt.
Ihr habt, meiner Auffassung nach, also einen Anspruch auf Ausgleichszahlung gegen Condor wegen Nichtbeförderung.
Diese Antwort ersetzt keine Rechtsberatung durch einen Anwalt, weshalb ich euch rate, solch einen aufzusuchen. Gerade, wenn es um die Geltendmachung von Ansprüchen geht, ist das sehr ratsam. Ein Anwalt kann die Einzelfälle rechtlich beurteilen und sagen, ob und welche Ansprüche ihr habt.