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Kann ich von unserem Reiseveranstalter TUI eine Entschädigung verlangen?:

Ich buchte am 06.01.2016 für mich und meine Freundin bei TUI eine Pauschalreise, die sowohl einen Hotelaufenthalt, als auch einen Flug von Frankfurt nach Fuerteventura am 05.10.2016 und einen Rückflug von Fuerteventura nach Frankfurt am 17.10.2016 beinhaltete. Dafür zahlte ich 2.640,00 €.

Laut der Reisebestätigung, die ich am 06.01.2016 erhielt, sollte der Flug mit der TUlfly (Flugnummer X3 2138) durchgeführt werden.

Allerdings kündigte TUI am 05.10.2016 den Reisevertrag ohne uns irgendwelche Ersatzangebote anzubieten. Daraufhin schrieb ich TUI am  22.10.2016 eine Email, und forderte sie zur Erstattung des Ticketpreises, von Fahrtkosten zum Flughafen und zurück, und Portokosten auf. Dafür gewährte ich TUI eine Frist bis zum 12.11.2016. nach einem Gespräch mit meinem Anwalt forderte ich TUI am  26.11.2016 auf, eine Entschädigung wegen „nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit binnen 15 Tagen zu zahlen“. Allerdings hat TUI bisher nicht gezahlt.

Ich denke, Dass TUi überhaupt kein recht gehabt hat, uns unseren Urlaub zu kündigen. Da ich den Urlaub zu Hause verbracht habe, und nicht auf Fuerteventura, steht mir eine Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit in Höhe von 1320,00 € zu.

TUI hat mir mi einer Email geantwortet, dass mir keine Ansprüche zustünden, weil Tui den Reisevertrag vor Reiseantritt gem. § 651 j Abs. 1 BGB wegen höherer Gewalt gekündigt habe. TUIfly hat die Beförderungsleistung aus nicht vorhersehbarer höherer Gewalt nicht erbringen können. Bei TUIfly sei ab dem 03.10.2016 wegen einer extremem Welle von Krankmeldungen zu Ausfällen gekommen. Bei Tuifly standen am 5.10.2016 70 Prozent des diensthabenden Cockpitpersonals und 43 % des diensthabenden Kabinenpersonals nicht zur verfügung. Der Flugbetrieb der Tuifly sei dadurch weitgehend lahmgelegt gewesen. Dabei habe es sich um einen sog. wilden Streik des Crew-Personals der TUlfly gehandelt. Dieser wilde Streik beim Erfüllungsgehilfen stellt höhere Gewalt dar. Der Begriff der höheren Gewalt sei mit dem Tatbestandsmerkmal des außergewöhnlichen Umstands gleich zu setzen. Ich weiß nicht ob jemand von diesem Streik gehört hat, er war jedenfalls auch in der Zeitung zu finden.

https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/eugh-c19517-tuifly-chaos-wilder-streik-ansprueche-reisende-go-sick/

Tui wurde am 05.10.2016 die Annullierung des Fluges erst unmittelbar vor der geplanten Abflugzeit übermittelt, nachdem sich die Crew kurz vor dem Flug krankgemeldet hatte.

Sie hat angeblich sofort bei sämtlichen Carriern, die auf der Strecke nach Fuerteventura verkehren nach Ersatz gesucht. Sie fand allerdings keine, die Flüge seien ausgebucht gewesen, weil Ferienzeit war und die Strecke nach Fuerteventura eine Haupt-Ferienstrecke sei. Auch im Hinblick auf die kurzfristige Krankmeldung seien keine alternativen Flugplätze zu bekommen gewesen. Tui ist weiterhin der Meinung, sie treffe ja keine Schuld, weil sie alles versucht hat, den Flug durchzuführen.

Dies denke ich aber nicht, die hätten doch mehr machen müssen!

Außerdem wurde mir mitgeteilt, dass meine Forderung nach § 651 g Abs. 1 BGB ausgeschlossen ist, weil ich die Ansprüche nicht innerhalb der Monatsfrist geltend gemacht habe. Aber davon wusste ich nichts! Niemand hat mir gesagt, dass ich nur einen Monat Zeit dafür habe!

 

Wie it das alles nun rechtlich zu beurteilen?

 

Gefragt in Reisevertragsrecht von
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Hallo,

deine Freundin und du gehören leider auch zu den Betroffenen des Wilden Streiks von TUIfly. TUI kündigte eure Reise aufgrund des Streiks. Dass der Urlaub nach Fuerteventura dadurch nicht stattgefunden hat, ist sehr ärgerlich.

Im Forum wurde schon mal auf die Frage des wilden Streiks eingegangen. Zum Beispiel hier:

Liegt ein außergewöhnlicher Umstand vor wenn TUIfly meint dass sie selbst von den Maßnahmen ihrer Mitarbeiter überrascht gewesen sei und dies für sie unerwartet kam (wilder Streik)??

Normalerweise haben Fluggäste einen Anspruch auf Ausgleichszahlung gemäß Artikel 7 der Europäischen Fluggastrechteverordnung. In diesem Artikel steht:

(1)    Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlungen in folgender Höhe:

a)    250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1 500 km oder weniger,

b)    400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1 500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1 500 km und 3 500 km,

c)    600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.

Die Entfernung Frankfurt – Fuerteventura beträgt etwas mehr als 3.000 km, weshalb euch nach Artikel 7 eine Ausgleichszahlung in Höhe von 400€ zustehen würde. Diese Ausgleichszahlung muss allerdings nicht erfolgen, wenn ein außergewöhnlicher Umstand vorliegt.

Ein außergewöhnlicher Umstand ist ein Ereignis, das von der Fluggesellschaft nicht beeinflussbar oder zu beherrschen ist. Die genaue Definition kannst du hier nachlesen. Artikel 5 Absatz 3 der Verordnung regelt den Umgang mit außergewöhnlichen Umständen:

3) Ein ausführendes Luftfahrtunternehmen ist nicht verpflichtet, Ausgleichszahlungen gemäß Artikel 7 zu leisten, wenn es nachweisen kann, dass die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auchdann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.

Die Frage ist also, wie mit einem wilden Streik umzugehen ist. Dazu haben verschiedene Gerichte Stellung genommen:

AG Frankfurt a.M., Urt. v. 03.05.2017, Az.: 29 C 3361/16 (40) (einfach zu finden, indem du auf Google "29 C 3361/16 (40) reise-recht-wiki.de eingibst)
Meldet sich ein erheblicher Teil des Flugpersonals krank, stellt dies unabhängig davon, ob dies als "Wilder Streik" oder tatsächliche Fluguntauglichkeit zu bewerten ist, einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne von Art. 5 III der Fluggastrechteverordnung dar. Ist ein Fluggast davon in Form einer Flugannullierung betroffen, besteht kein Anspruch auf Ausgleichszahlung nach Art. 7 VO.

AG Frankfurt a.M., Urt. v. 03.03.2017, Az.: 31 C 117/17 (16) (einfach zu finden, indem du auf Google "31 C 117/17 (16) reise-recht-wiki.de eingibst)
Kommt es zu einer Flugverspätung aufgrund massenhafter angeblicher Krankmeldungen des Flugpersonals, so kann sich die Airline nicht auf außergewöhnliche Umstände berufen.

AG Brühl, Urt. v. 20.02.2017, Az.: 3 C 480/16 (einfach zu finden, indem du auf Google "3 C 480/16 reise-recht-wiki.de" eingibst)
Ein außergewöhnlicher Umstand gem. Art. 5 III der VO liegt selbst bei massenhaften unberechtigten Krankmeldungen von Mitarbeitern nicht vor. Ein solcher "Wilder Streik" ist nicht vergleichbar mit einem regulären, von einer Gewerkschaft organisierten Streik. Dies geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts Bühl hervor.

AG Hannover, Urt. v. 03.05.2017, Az.: 425 C 1171/17 (einfach zu finden, indem du auf Google "425 C 1171/17 reise-recht-wiki.de" eingibst)
Kommt es zu einem wilden Streik des Personals eines Luftfahrtunternehmens, so kann dieses sich nicht auf außergewöhnliche Umstände im Sinne von Art. 5 Abs. 3 der Fluggast¬rechte¬verordnung (VO) stützen. Einem betroffenen Fluggast steht daher ein Anspruch auf Ausgleichszahlung gemäß Art. 7 VO zu.

Die Meinungen sind allerdings nicht immer ganz eindeutig. Deshalb wurde diese Frage nun dem EuGH zur Beantwortung vorgelegt. Der EuGH hat im April 2018 eine Entscheidung getroffen. Wenn du Interesse hast, hier ist der Link zum Urteil:

http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=201149&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1

Der EuGH hat hierbei zwei wichtige Voraussetzungen festgelegt:

Zum einen dürfe das Ereignis, das zu den Behinderungen führte, nicht Teil der normalen Betriebstätigkeit sein. Zum anderen dürfe es von der Airline nicht beherrschbar sein.

Der Streik wurde aufgrund des „Management Letters“ ausgelöst. Dieser Brief war eine Ankündigung von TUI über eine überraschende Umstrukturierung. Ein Streik der Mitarbeiter als Reaktion auf eine Umstrukturierung ist nicht ungewöhnlich, weshalb der EuGH den wilden Streik 2016 als Teil der normalen Geschäftstätigkeit betrachtet. Was du Unbeherrschbarkeit angeht, so hat das Gericht entschieden, dass der Streik durchaus beherrschbar war. Nach der Einigung zwischen Konzern und Betriebsrat endete der Streik sofort.

Daraus folgt, dass der wilde Streik 2016 kein außergewöhnlicher Umstand ist, euch steht somit eine Ausgleichszahlung zu. Da diese Ansprüche erst nach 3 Jahren verjähren, hast du noch bis 2019 Zeit, den Anspruch geltend zu machen. Ich rate dir also, TUI eine Zahlungsaufforderung zu schicken. In dieser sollte auch die Flug-/Buchungsnummer enthalten sein und eine angemessene Frist zur Zahlung.

Dennoch rate ich dir für das weiter Vorgehen sicherheitshalber einen Rechtsanwalt zu Rate zu ziehen. Bei meiner Antwort handelt es sich lediglich um einen Anreiz, welche Rechte du haben könntest und was du als nächsten Schritt unternehmen kannst.
 

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