3,738 Fragen

11,159 Antworten

910 Kommentare

1,814 Nutzer

EU FLUGGASTRECHTE

Meinungsaustausch von Flugpassagieren, Reisenden, Juristen und Interessierten im Flugrecht.

Unsere NETIQUETTE

Projekt flugrechte.eu

Beliebteste Themen

anspruch-auf-entschädigung flugänderung-entschädigung flugänderung-rechte flugzeitenänderung-rechte flugänderung-was-kann-ich-tun flugänderung-ohne-einwilligung flugverschiebung-rechte flugänderung-schadensersatz flugverlegung-rechte fachanwalt-für-reiserecht flugzeitenverlegung entschädigung-anspruch flugverspätung schadensersatzanspruch-flugänderung entschädigung entschädigung-flugverlegung-schadensersatz pauschalreise-flugänderung fachanwalt-reiserecht reiseveranstalter-flugänderung-rechte flugänderung-rechtsanwalt flug-verspätet-anspruch anspruch-entschädigung-flug-verspätung flugänderung-anwalt eurowings-flugänderung reisebüro-flugänderung-rechte flugverschiebung-entschädigung schadensersatz-vertane-urlaubszeit flugverlegung-schadensersatz flugzeitenänderung gepäckverspätung-schadensersatz schadensersatz-entgangene-urlaubsfreude entschädigung-entgangene-urlaubsfreude flugumbuchung-schadensersatz flugverspätung-fachanwalt flugverschiebung-was-tun flugänderung-fachanwalt flugstornierung-rechte flug-verspätet-außergewöhnlicher-umstand-anspruch flugzeitenänderung-früher außergewöhnlicher-umstand-flugverspätung-anspruch condor-flugverspätung-entschädigung flugumbuchung-entschädigung-schadensersatz reisemangel-entschädigung fachanwalt-für-flugrecht flugänderung-urlaub-kürzer condor-flugverspätung-gutschein flugannullierung-vorgehen flugzeitenverlegung-rechte fachanwalt-gepäckrecht reiseveranstalter-entschädigung gepäckverspätung-pauschale flugänderung eurowings-flugänderung-rechte flugannulierung-entschädigung anschlussflug-verpasst-entschädigung flugänderung-fachkanzlei eurowings-flugentschädigung gepäckverspätung-schadensersatz-wieviel flugverlegung-was-kann-ich-tun bgh-urteil-x-zr-59-14-flugänderung-tuifly flugverschiebung-schadensersatz flugänderung-bgh-urteil-x-zr-59-14 ryanair-entschädigung gepäckverspätung-koffer gepäckverspätung-schadensersatz-pro-tag fachanwalt-gepäckverspätung flugverlegung-ohne-information flugzeitenänderung-schadensersatz flugverschiebung fachanwalt-für-fluggastrechte condor-flugänderung abflughafen-geändert-rechte gutschein-condor-flugverspätung gepäckverspätung-tagessatz eurowings-flugänderung-entschädigung flugverspätung-entschädigung eurowings-flugänderung-was-tun eurowings-flugumbuchung entschädigung-tagessatz condor-entschädigung condor-fluggutschein condor-flugverspätung-schadensersatz fachanwalt-fluggastrechte hotel-entschädigung eurowings-flugverschiebung lufthansa-entschädigung condor-flugverspätung-musterbrief flug-storniert-erstattung eurowings-flugverspätung-entschädigung gepäckverspätung-pauschaler-schadensersatz anschlussflug-entschädigung flugumbuchung-was-tun flugverlegung-nach-vorne montrealer-übereinkommen-entschädigung flugzeit-geändert-rechte gepäckverspätung-tagespauschale ryanair-flugannullierung fachanwalt-flugrecht flugannullierung weiterflug-verpasst-was-tun
0 Punkte

Hallo,

mein Flug mit Singapore Airlines von Frankfurt nach Bali (Zwischenstopp Singapur) , der für den 1.4.2020 vorgsehen war, wurde am 13.3.2020 mit folgender Begründung annuliert:

Dear Sir/Madam,
Please be advised that SQ325, scheduled to depart on 01 Apr 2020, 22:00 from Frankfurt, has been cancelled. If your ticket was purchased from a travel agent, please contact your travel agent for rebooking or refund requests. If your ticket was purchased from singaporeair.com or the Singapore Airlines mobile app and you wish to obtain a refund or be re-booked on another Singapore Airlines flight, please contact your local Singapore Airlines reservations office. We apologise for any inconvenience caused. If you require a written notice about your disrupted flight, please visit our website here to retrieve a Flight Disruption Statement. This service is available 2 days after your original flight date. Please note that this service is only for eligible flights. For the latest travel restrictions due to Covid-19 outbreak, please refer to this news alert. Singapore Airlines and SilkAir passengers who are affected by the entry restrictions will not be allowed to travel to Singapore. Yours sincerely, Singapore Airlines

Das Ticket war von mir im November 2019 über den Anbieter Travel2be gebucht worden. Nachdem ich diese Agentur kontaktiert hatte, wurde mir mitgeteilt, dass Singapore Airilines mir nur einen Gutschein (open ticket) als Ersatz ausstellen würde, der bis zum 31.3.2021 eingelöst werdne muss. Zudem soll ich eine Bearbeitungsgebühr an die Agentur in Höhe von 49 Euro zahlen. 

Allerdings möchte ich auf dieses Angebot nicht eingehen, sondern das Geld für mein Ticket zurückerstattet bekommen. Wie ist die Rechtslage hierzu? Kann ich mich an Singapore Airlines direkt wenden? Wie gehe ich weiter vor? Ich fürchte, die Airline wird sich auf "außergewöhnliche Umstände" berufen (Coronavirus) und versuchen, die Rückerstattung zu vermeiden.

Vielen Dank und beste Grüße

Anou

Gefragt in Flugannullierung von (160 Punkte)
0 Punkte

3 Antworten

0 Punkte

Hallo Anou!

Ihre Fragen würde ich gern wie folgt beantworten:

(1)      Rechtslage

Die rechtliche Grundlage für Ihren Erstattungsanspruch ist Art. 8 Abs. 1 Buchst. a) EG-Verordnung Nr. 261/2004. Darin heißt es, dass Fluggäste zwischen Ersatzbeförderung zum Endziel und vollständiger Erstattung des Flugscheinpreises wählen dürfen, falls ihr Flug gestrichen wurde. Darüber hinaus schreibt die Verordnung Nr. 261/2004 die Erstattung des vollständigen Preises, zu dem der Flugschein erworben wurde, vor. Dazu gehören auch die Gebühren, die ein Drittanbieter für den Ticketverkauf – in Ihrem Fall Travel2be – erhebt, wie der EuGH am 12.09.2018 entschieden hat (C-601/17). Die Bearbeitungsgebühr der Agentur halte ich im Falle der von der Airline vorgenommenen Stornierung für unzulässig, weil sie Ihren Erstattungsanspruch effektiv mindert. Es steht Ihnen jedoch, wie bereits geschildert, der volle Flugpreis zu.

Die Bundesregierung bereits ein Gesetz zur Änderung der bestehenden Erstattungsansprüche vor, sodass der Ersatz der Flugscheinkosten durch einen Gutschein zulässig wird. Noch gelten aber die von mir beschriebenen Vorschriften und noch ist die Verweigerung der Flugpreiserstattung nach Art. 8 VO 261/2004 nicht rechtmäßig.

(2)      Anspruchsgegner

Für Ansprüche der Fluggäste aus der Verordnung Nr. 261/2004 ist immer die ausführende Fluggesellschaft passivlegitimiert. Das heißt ganz konkret, dass Sie einen Anspruch auf die Erstattung der Flugscheinkosten gegen die Singapore Airlines haben, weil Singapore Airlines die Annullierung auch vorgenommen hat, nicht gegen Travel2be. Bei Klagen auf Ausgleichszahlungen und Erstattungen aus der Verordnung Nr. 261/2004 wird ferner auch bei Code-Sharing-Flügen ganz genau zwischen Vertrags-Airline und der Airline unterschieden, die den Flug auch tatsächlich durchgeführt und die Verspätung oder Annullierung tatsächlich zu verschulden hat. Etwaige Agenturen, die Flugtickets verkaufen, haben damit rein gar nichts zu tun.

(3)      Außergewöhnliche Umstände im Sinne der EG-Verordnung Nr. 261/2004

Ob die Flugannullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückzuführen ist oder nicht, hat keine Auswirkung auf Ihren Anspruch auf die Erstattung der Flugscheinkosten nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. a) VO 261/2004. Die Verordnung Nr. 261/2004 macht den Erstattungsanspruch nicht von solchen Umständen abhängig.

(4)      Ihre Vorgehensweise

Es ist empfehlenswert, dass Sie Ihre Erstattungsansprüche zunächst persönlich bei Singapore Airlines geltend machen, damit Sie im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung die vorgerichtlichen Anwaltskosten ersetzt bekommen. Da Sie aber damit voraussichtlich nichts erreichen werden, wäre der nächste Schritt einen Anwalt für Flugrecht aufzusuchen.

Ich hoffe, Ihnen eine erste Orientierung gegeben zu haben.

Beantwortet von (4,850 Punkte)
0 Punkte
0 Punkte
Vielen Dank für die ausführliche Antwort.
Beantwortet von (160 Punkte)
0 Punkte
0 Punkte

Hallo Anou, 

Sie haben einen Flug bei Singapore Airlines einen Flug von Frankfurt nach Bali gebucht. Nun wurde der Flug jedoch annulliert. Die Fluggesellschaft bietet Ihnen jedoch nur einen Gutschein an und Sie sollen zusätzlich noch eine Bearbeitungsgebühr zahlen. Nun fragen Sie sich, ob dies rechtmäßig ist. 

Mögliche Ansprüche könnten sich aus der europäischen Fluggastrechteverordnung ergeben. Diese Ansprüche kommen dann in Betracht, wenn eine Annullierung oder große Verspätung vorliegt und sind gegenüber der Fluggesellschaft geltend zu machen. Sie sollten sich also mit Ihren Ansprüchen meines Erachtens direkt an Singapore Airlines wenden. 

EuGH, Urteil vom 13.10.2011, Az C-83/10 (bei Google einfach zu finden, wenn Sie eingeben: „C-83/10 reise-recht-wiki“)

Eine Annullierung liegt immer dann vor, wenn ein Flug nicht so durchgeführt werden kann wie geplant und der Start daher aufgegeben wird. Wird ein Flug auf einen anderen Tag verlegt, ist darin ebenfalls eine Annullierung zu sehen. Es ergeben sich somit auch Ansprüche aus der EU-Fluggastrechteverordnung.

Ihr Flug wurde annulliert. 

Ansprüche ergeben sich dann aus Artikel 5 der Europäischen Fluggastrechteverordnung:

(1) Bei Annullierung eines Fluges werden den betroffenen Fluggästen

a) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 8 angeboten,

b) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 9 (...)

c) vom ausführenden Luftfahrtunternehmen ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen gemäß Artikel 7 eingeräumt, es sei denn,

i) sie werden über die Annullierung mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet (...)

Sie also zunächst einen Anspruch auf Ausgleichszahlungen aus Art. 7 VO Nr. 261/2004 haben. Dieser Anspruch entfällt jedoch zum einen, wenn der Fluggast rechtzeitig, d.h. 2 Wochen vor Abflug informiert wurde. Diese Frist wurde in Ihrem Fall eingehalten. 

Weiterhin entfällt der Anspruch auch dann, wenn sich die Fluggesellschaft auf außergewöhnliche Umstände beruft, siehe Art. 5 Abs. 3, VO 261/2004  der EU-VO. Ein außergewöhnlicher Umstand liegt dann vor, wenn der Grund für Verspätung oder Annullierung „außerhalb der Kontrolle der Fluggesellschaft” liegt. Die drohende Coronavirus-Pandemie liegt außerhalb der Kontrolle der Fluggesellschaften und ist daher ein außergewöhnlicher Umstand. 

Sie haben meines Erachtens daher eher keinen Anspruch auf Ausgleichszahlungen. 

Allerdings haben Sie auf jeden Fall einen Anspruch auf eine Erstattung der Flugkosten aus Art. 8 VO Nr. 261/2004: 

Artikel 8 Anspruch auf Erstattung oder anderweitige Beförderung

(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so können Fluggäste wählen zwischen

a) - der binnen sieben Tagen zu leistenden vollständigen Erstattung der Flugscheinkosten nach den in Artikel 7 Absatz 3 genannten Modalitäten zu dem Preis, zu dem der Flugschein erworben wurde, für nicht zurückgelegte Reiseabschnitte sowie für bereits zurückgelegte Reiseabschnitte, wenn der Flug im Hinblick auf den ursprünglichen Reiseplan des Fluggastes zwecklos geworden ist, gegebenenfalls in Verbindung mit

- einem Rückflug zum ersten Abflugort zum frühestmöglichen Zeitpunkt,

b) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt oder

c) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen zu einem späteren Zeitpunkt nach Wunsch des Fluggastes, vorbehaltlich verfügbarer Plätze.

Sie haben gem. Art. 8 Abs. 1a) also einen Anspruch auf eine vollständigen Erstattung der Flugscheinkosten nach den in Artikel 7 Absatz 3 genannten Modalitäten zu dem Preis, zu dem der Flugschein erworben wurde. 

In Art. 7 Abs. 3 steht folgendes geschrieben: 

(3) Die Ausgleichszahlungen nach Absatz 1 erfolgen durch Barzahlung, durch elektronische oder gewöhnliche Überweisung, durch Scheck oder, mit schriftlichem Einverständnis des Fluggasts, in Form von Reisegutscheinen und/oder anderen Dienstleistungen.

Sie haben also grundsätzlich einen Anspruch auf eine Erstattung in Geld der gesamten Flugscheinkosten. Die Erhebung einer Berarbeitungsgebühr ist also unzulässig. Außerdem darf die Fluggesellschaft Ihnen einen Reisegutschein nur dann geben, wenn Sie zustimmen. Artikel 8 der Fluggastrechte-Verordnung regelt also klar, dass Reisende zwischen einer vollen Erstattung des Ticketpreises oder einer Umbuchung bzw. einem Gutschein frei wählen können. 

Manche Fluggesellschaften versuchen nunmehr aus betriebswirtschaftlichen Erwägungen, ihre Passagiere mit einem Gutschein in Höhe des für die Flugreise gezahlten Betrages zu entschädigen, um so eine Rückerstattung dieses Betrages zu vermeiden. Ein solcher Gutschein muss jedoch nicht akzeptiert werden.

Die Rechtslage ist dabei nach wie vor unverändert. Die Bundesregierung hat zwar einen Willen dahingehend bekundet, die sogenannte Gutscheinlösung einzuführen, d. h., dass jeder Betroffene zunächst verpflichtet ist, einen Gutschein anzunehmen. Dieses Vorhaben ist zum einen noch nicht umgesetzt, zum anderen ist fraglich, ob dies überhaupt möglich ist, da es sich bei der Fluggastrechteverordnung um eine EU-Verordnung handelt, also um unmittelbar in den Mitgliedsstaaten geltendes Recht, was somit einer Änderung auf europäischer Ebene bedürfte. Überdies würde es sich wohl um eine Rückwirkung handeln, was unabhängig vom Verbraucherschutz äußerst problematisch ist.

Wie Sie sehen, ist die Einführung einer Änderung des Gesetzes ziemlich fragwürdig und meines Erachtens eher unwahrscheinlich. 

Sie können daher meines Erachtens nach jetziger Gesetzeslage die Erstattung der gesamten Reisekosten in Geld fordern, wenn Sie einen Reisegutschein nicht annehmen wollen. 

Weil es sich hierbei allerdings nur um meine persönliche Einschätzung handelt und kein Rechtsrat darstellen soll, empfehle ich jedoch das Einschalten eines Anwalts. 

Beantwortet von (17,810 Punkte)
0 Punkte
...