Hallo,
dürfen die das? Die Antwort ist etwas ernüchternd: Wer sollte es verbieten?
Dabei ist der Reisende nicht wirklich wehrlos. Er hat sowohl Ansprüche bei einer Flugannullierung, als auch Rechte infolge einer Flugverspätung.
Es stellt sich also zunächst die Frage, welche Ansprüche genau bei einer Flugbeförderungsmängeln bestehen, und unter welchen Umständen diese ausgeschlossen sind.
Ansprüche bei einer Flugannullierung/ erheblichen Flugverspätung
Anmerkung: Eine große Verspätung kann die gleichen Rechte wie infolge einer Annullierung begründen. Die Abgrenzung zwischen einer Flugverspätung und einer Flugannullierung ist dabei nicht leicht, und im Extremfall von den einzelnen Umständen abhängig (wenn etwa eine erhebliche Flugverspätung vorliegt, die Ausgleichsrechte, wie sie einem infolge einer Annullierung zustehen würden jedoch ungerechtfertigt erscheinen).
Anspruch bejahend:
BGH Karlsruhe, Urteil vom 24.09.2013, Az. X ZR 160/12 (einfach in google „BGH X ZR 160/12 Reise-Recht-Wiki.de“ eingeben; gleich als erstes Ergebnis in der Liste zu finden) - Ein Anspruch auf Ausgleichszahlung besteht grundsätzlich auch für den Fall einer erheblichen Verspätung.
AG Nürtingen, Urteil vom 25.01.2013, Az. 46 C 1399/12 (auch leicht mittels google zu finden unter „AG Nürtingen 46 C 1399/12 Reise-Recht-Wiki.de“ als erstes Ergebnis in der Liste) - In Bezugnahme auf die Rechtsprechung des EuGH kann sich der Fluggast ab einer Verspätung von 3 Stunden und mehr auf die Rechte wie infolge einer Flugannullierung berufen.
Anspruch verneinend:
AG Düsseldorf, Urteil vom 14.12.2012, Az. 32 C 11469/12 (unter google entsprechend „AG Düsseldorf 32 C 11469/12 Reise-Recht-Wiki.de“)
Entgegen der Rechtsprechung des EuGH begründet eine Verspätung (hier von etwa 9 Stunden) keine Ausgleichszahlungen, wie sie einem Fluggast nach einer Flugannullierung zustehen würde.
Ausgehend von einer Flugannullierung oder einer erheblichen Verspätung bestehen für den Passagier folgende Ansprüche:
1. Anspruch auf Betreuungsleistungen abhängig von der Wartezeit (Mahlzeit und Erfrischung, bei Bedarf Unterbringung im Hotel und Transport dorthin, Möglichkeit der kostenlosen Nutzung von Fernkommunikationsmitteln wie Telefon oder Mail)
2. Anspruch auf Ausgleichszahlung zwischen 250 € und 600€ abhängig von der Flugstrecke
3. Rücktrittsrecht vom Flug und Erstattung des Flugscheins ab einer Verspätung von 5 Stunden oder anderweitige Beförderung zum Endziel
Haftungsausschluss durch Vogelschlag?
Die Zahlung eines Ausgleichs (2.) kann jedoch bei Vorliegen von außergewöhnlichen Umständen ausgeschlossen sein.
Auch der Vogelschlag gilt als außergewöhnlicher Umstand. Er wird als Naturereignis angesehen, das sich nicht vermeiden lässt.
Was also als Fluggast tun, wenn der Vogelschlag einem wie eine Ausrede vorkommt?
Als Fluggast lässt sich der Vogelschlag nicht nachweisen – hier sitzt die Fluggesellschaft aus der Natur der Sache heraus einfach am längeren Hebel. Eben diesem Umstand trägt die Prozessordnung Rechnung: Bei einem gerichtlichen Verfahren muss die Fluggesellschaft nachweisen, dass ein außergewöhnlicher Umstand für die Annullierung/ Verspätung verantwortlich war, und die Fluggesellschaft selbst unter Anstrengung aller zumutbaren Maßnahmen den Beförderungsmangel hat nicht hatte verhindern können. Kann sie dies nicht nachweisen wird sie zur Ausgleichszahlung verpflichtet und muss zudem die Kosten des Verfahrens und die Anwaltskosten tragen.
Wer nicht gleich vor Gericht ziehen will sollte zuerst ein Schreiben aufsetzten, in diesem auf die bestehenden Rechte hinweisen und darauf aufmerksam machen, dass eben das Personal keinen außergewöhnlichen Umstand als Grund für die Verspätung angab. Als nächste Maßnahme kann ein Anwalt weiterhelfen.
Auf http://www.passagierrechte.org findet man eine Liste mit Fachanwälten zum Reiserecht
und Fachanwälten zum Flugrecht.
Besteht tatsächlich kein außergewöhnlicher Umstand wird die Fluggesellschaft infolge eines anwaltlichen Schreibens die Ansprüche meist schnell begleichen.