Sie haben vor kurzem einen traurigen Bericht im Fernsehen gesehen und haben nun einige Fragen bezüglich des Sachverhaltes. In dem Fall hat ein Ehepaar eine Pauschalreise in die Türkei gebucht. Auf dieser Reise kam es aber zu einem tragischen Unfall. Beim nächtlichen Rauchen verlor der Ehemann auf dem Balkon das Gleichgewicht und stürzte 3 Stockwerke tief. Er erlag seinen Verletzungen. Nun fragen Sie sich, ob die Ehefrau gegen den Reiseveranstalter einen Anspruch auf Schadensersatz und ein Schmerzensgeld, sowie die Erstattung der Kosten für die Beerdigung hat.
Mögliche Ansprüche ergeben sich bei einer Pauschalreise zunächst aus dem Reisevertragsrecht des BGB, welches in den §§ 651 a-m BGB geregelt ist. Der Anspruch auf einen Schadensersatz ist neuerdings in §651 n I BGB geregelt:
(1) Der Reisende kann unbeschadet der Minderung oder der Kündigung Schadensersatz verlangen, es sei denn, der Reisemangel
1. ist vom Reisenden verschuldet,
2. ist von einem Dritten verschuldet, der weder Leistungserbringer ist noch in anderer Weise an der Erbringung der von dem Pauschalreisevertrag umfassten Reiseleistungen beteiligt ist, und war für den Reiseveranstalter nicht vorhersehbar oder nicht vermeidbar oder
3. wurde durch unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände verursacht.
Insofern müsste geprüft werden, ob der Ehemann eventuell selbst den Unfall zum Teil mitverursacht haben bzw. ob sich das allgemeine Lebensrisiko verwirklicht hat. Möglicherweise hilft dieses Urteil, um sich darüber klar zu werden:
OLG Köln, Urt. v. 18.12.2006, Az: 16 U 40/06 (Das Urteil können Sie im Volltext im Internet finden. Dazu einfach: "Az: 16 U 40/06 reise-recht-wiki" bei Google eingeben)
Ein Ehepaar verbrachte einen Pauschalhotelurlaub in der Türkei. Der Mann stürtze beim Rauchen vom Balkon, dessen Brüstung nur 56 Zentimeter hoch war, vom dritten Stock und verstarb am Unfallort. Die Frau erlitt einen Schockschaden. Sie verklagte den Reiseveranstalter auf Schadensersatz, unter anderem für Beerdigungskosten und Schmerzensgeld für ihren seelischen Schaden.
Das Oberlandesgericht Köln verhandelte die Berufung der Beklagten auf das erstinstanzliche Urteil und gestand der Witwe Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld zu, weil die Beklagte ihre Verkehrssicherungpflicht verletzt hatte. Die Brüstungshöhe entsprach zwar den in der Türkei geltenden Vorschriften, genügte aber nicht der Prävention von Sicherheitsrisiken, die einem sachkundigen Beobachter ohne Weiteres aufgefallen wären. Der Veranstalter müsse sich immer selbst vergewissern, dass seine Vertragshotels ausreichende Sicherheitsstandarts bieten, sodass Reisende nicht gefährdet werden.
Dieses Urteil ist dem von Ihnen geschilderten Sachverhalt sehr ähnlich. Ich könnte mir daher sehr gut vorstellen, dass der Ehefrau tatsächlich ein Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld hat, da der Reiseveranstalter die Verkehrssicherungspflicht verletzt hat.
Allerdings kann eine Bewertung auch von Fall zur Fall anders ausfallen. Deshalb ist es bei solch komplizierten Fällen immer ratsam, sich an einen richtigen Anwalt zu wenden.