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Wir hatten mit Lufthansa eine Verspätung über 15 Stunden in die USA:

LH 15 HAM Hamburg - FRA Frankfurt

LH 426 FRA Frankfurt - PHL Philadelphia

US 799 PHL Philadelphia - RSW Fort Myers

Maschine landete in Hamburg mit ca. 1 Stunde und 13 Minuten Verspätung, angeblich gab es auf dem Vorflug einen technischen Defekt. Entsprechend verspätet starteten wir in Hamburg und landeten in Frankfurt. In Frankfurt mussten wir uns an den Lufthansa Transferschalter wenden. Dort waren leider viele Kunden und es dauerte und dauerte. Als wir dran waren, sagte uns die Lufthansa Dame, wir sollen schnell zum Gate (toll, nach 45 Minuten warten) vielleicht bekommen wir den Flug noch. Der Flieger war aber schon weg.

Dann Umbuchung über New York usw. Letztlich sind wir mit 15 Stunden Verspätung in Florida eingetroffen und waren völlig fertig. Das war ein erdenklich schlechter Start in den Urlaub.

Lufthansa will uns unsere zustehende Entschädigungsleistung über 600 € pro Person nicht zahlen. Die Begründung lautet, dass der Flug LH15 HAM-FRA ja nur knap über 1 Stunde Verspätung hatte. Das stimmt zwar, aber es ist ja nicht unsere Schuld, dass wir dadurch den Weiterflug nach Philadelphia verpasst haben.

Muss Lufthansa uns die Entschädigung zahlen?
Gefragt in Europäische Fluggastrechte von
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5 Antworten

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Lieber Fluggast,

in dem von Ihnen geschilderten Fall haben Sie den Flug von Frankfurt nach Philadelphia verpasst, weil bereits das Flugzeug von Hamburg nach Frankfurt Verspätung hatte.

Der Europäische Gerichtshof in Brüssel (EuGH) hat am26. Febuar 2013 in einem Urteil die Passagierrechte deutlich gestärkt. Demnach haben Reisende nun auch Recht auf Entschädigungszahlung durch die Fluggesellschaft, wenn sie wegen eines nur leicht verspäteten Zubringerfluges ihren Anschlussflug verpasst haben. Laut Urteil ist für den Anspruch auf eine Ausgleichszahlung allein die Verspätung am Endziel entscheidend. Bisher war die Rechtsprechung davon ausgegangen, dass im Fall mehrteiliger Flüge (also z.B. Zubringerflug von Berlin nach Frankfurt und nachfolgende Langstrecke von Frankfurt nach New York) eine getrennte Betrachtung jeder einzelnen Flugstrecke erfolgen muss. Dies galt bisher auch, wenn beide Flüge in Verbindung gebucht wurden. Im Fall einer Verspätung des Zubringerfluges unter einer Verspätungszeit von drei Stunden konnten Fluggäste bis zu dem Urteil vom 26. Februar 2013 keine Rechte geltend machen – auch wenn die Verspätung am Endziel wegen des verpassten Anschlussfluges erheblich war, sprich mehr als drei Stunden. Die verspätete Landung am Endziel war also nicht relevant für einen Entschädigungsanspruch.

In Ihrem Fall hatte das Zubringerflugzeug eine Verspätung von knapp über einer Stunde. Dadurch war es nur leicht verspätet. Dennoch haben Sie dadurch Ihren Anschlussflug nach Philadelphia verpasst und sind letztendlich mit einer Verspätung von 15 Stunden an Ihrem Endziel in Florida angekommen.

Dazu auch das folgende Urteil:

LG Frankfurt, Urteil vom 26.07.2013 _ Az.: 2-24 S 47/127 (einfach zu finden bei Google unter "reise-recht-wiki")

Es ist davon auszugehen, dass ein verpasster Anschlussflug und eine entsprechende Verspätung von mindestens 3 Stunden am Endziel grundsätzlich einen Ausgleichsanspruch auslöst – auch dann, wenn der Umsteigeflughafen außerhalb der EU liegt oder die Zubringer- und Anschlussflug von verschiedenen Fluggesellschaften durchgeführt wurden.

Richtigerweise kann Ihnen in einem solchen Fall ein Anspruch auf Ausgleichszahlungen aus der europäischen Fluggastrechte Verordnung zustehen. Die Höhe der Ausgleichszahlungen bemisst sich nach der Entfernung. Da Sie diese jedoch bereits richtig ermittelt haben, werde ich nicht näher darauf eingehen.

Grundsätzlich muss eine Fluggesellschaft jedoch keine Ausgleichszahlungen leisten, wenn eine außergewöhnlicher Umstand vorgelegen hat. Ein technischer Defekt ist in der Regel jedoch kein außergewöhnlicher Umstand und hier schon gar nicht, da dieser auf dem Vorflug vorlag und damit Ihrem nicht mehr betrifft.

Damit kann sich Lufthansa im vorliegenden Fall nicht exkulpieren und nicht den Ausgleichszahlungen entziehen. Lufthansa muss dem Anspruch auf Ausgleichszahlungen nachkommen.

Beantwortet von (4,780 Punkte)
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Lieber Fragesteller,

der von Ihnen geschilderte Sachverhalt wirft zwei Probleme auf. Zum einen die Verspätung auf dem Vorflug und zum anderen das Verpassen des Anschlussfluges und die daraus resultierende große Verspätung am Zielort.

1. Vorkommniss auf dem Vorflug

Bei einer verspäteten Startzeit hätte der Fluggast nach der europäischen Fluggastrechteverordnung einen Ausgleichsanspruch gegen das Luftfahrtunternehmen. Jedoch könnte die Fluggesellschaft sich auf einen außergewöhnlichen Grund berufen und somit von ihrer Zahlungspflicht befreit werden. Die Richter des Amtsgerichts in Rüsselsheim hatten einen Fall zu entscheiden, in dem ein Passagier aus dem „übernächsten“ Flug aufgrund der Verspätung seinen Anspruch geltend machen wollte (vgl. AG Rüsselsheim, Urt. v. 05.07.2013 – 3 C 145/13 (37), siehe auch AG Rüsselsheim, Urt. v. 02.11.2012 – 3 C 855/12 (37)). Der vorangegangene Flug war wegen Flugsicherungsanlagen bzw. Kapazitätsbeschränkungen ausgefallen.

Die Richter urteilten, dass ein Ereignis, dass während des Fluges eingetreten ist, allenfalls für den unmittelbar folgenden Flug als außergewöhnlicher Umstand herangezogen werden kann (Art. 5 Abs. 3 Fluggastrechteverordnung). Für alle weiteren nachfolgenden Flüge ist das nicht mehr möglich. Die Berufung auf einen außergewöhnlichen Umstand befreit die Airline also nur dann, wenn der Umstand sich nicht auf dem unmittelbaren Vorflug ereignet hat, sondern schon bei davorliegenden Vorumlaufflügen eingetreten ist.

Die Fluggastrechteverordnung trifft keine eindeutige Entscheidung, ob ein außergewöhnlicher Umstand, der die Verspätung eines Fluges zur Folge hat, das Luftfahrtunternehmen auch für die weiteren Flüge von ihrer Ausgleichszahlungspflicht entbindet. So spricht die Verordnung an einer Stelle von einem Flug im Singular, an einer anderen Stelle im Plural. Was die Richter dazu bewegte, so zu entscheiden, war, dass es sich bei den außergewöhnlichen Umständen, die zu einer Befreiung führen, um eine Ausnahme der Regelung geht. Grundlegend soll dem Fluggast im Falle einer Annullierung oder Verspätung ein Ausgleichsanspruch zustehen. Deswegen sind die Ausnahmevorschriften stets eng auszulegen (vgl. EuGH, Urt. v. 04.10.2012 – C-22/11 – Finnair/Lassooy). Eine beliebige Verlängerung der Verkettung der außergewöhnlichen Umstände würde das eigentliche Ziel der Verordnung – die Rechte der Fluggäste zu stärken -  unterlaufen.

Die Flüge im Umlaufverfahren durchzuführen, ist eine betriebswirtschaftliche Organisationsentscheidung der Fluggesellschaft. Solche Entscheidungen dürfen und sollen nicht zulasten des Fluggastes gehen (vgl. LG Hannover, Urt. v. 18.01.2012 – 14 S 52/11).

Die Unvermeidbarkeit eines außergewöhnlichen Umstands liegt nur dann vor, wenn das Luftfahrtunternehmen alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um den Umstand zu verhindern, diese Maßnahmen aber gescheitert sind (vgl. BGH, Urt. v. 04.10.2010 – Xa ZR 15/10). Die Fluggesellschaft muss umfassend vortragen, welche personellen, materiellen und finanziellen Mittel zur Verfügung standen, um den Flug zum geplanten Zeitpunkt durchzuführen. Außerdem muss das Unternehmen hinreichend begründen, warum es ihm nicht zumutbar war, auf diese Möglichkeiten zurückzugreifen (vgl. AG Paderborn, 15.03.2012 – 50 C 254/11). Im oben genannten Urteil aus Rüsselsheim fehlte es hinzukommend an einem umfassenden Vortrag der Fluggesellschaft. Dieser ist jedoch für die Befreiung von der Ausgleichszahlungspflicht unumgänglich.

Zu diesem Thema empfehle ich auch einen Blick auf diese Website: http://www.passagierrechte.org/Vorflug

2. Verpassen des Anschlussfluges

 

In der etwas älteren Rechtsprechung wurde nur die Verspätung des Zubringers gemessen und die Flüge wurden einzeln betrachtet. Dieses führte dazu, dass Ausgleichszahlungen regelmäßig nicht zu zahlen waren und die Fluggäste ohne Ersatz dastanden (vgl. z.B. LG Berlin, Urt. v. 20.09.2011, 85 S 113/11; AG Wedding, Urt. v. 31.03.2011, 8a C 10/10). 

Nach der neueren Rechtsprechung und auch höchstrichterlichen Rechtsprechung kommt es nicht mehr auf die einzelnen Flüge an, sondern auf die gesamte Flugreise (vgl. BGH, Urt. v. 07.05.2013, X ZR 127/11).

Wichtig dabei ist, dass allein die Verspätung am Endziel der Reise zählt. Wo die Verspätung entstanden ist, ist nicht relevant (vgl. AG Frankfurt am Main, Urt. v. 13.12.2011, 29 C 655/12 (11)).

Zu beachten gilt es, was auf dem Flugschein steht. Wenn die Reise einheitlich gebucht wurde, so kann der Ausgleichsanspruch gegenüber. Bei einem einheitlich gebuchten Flug schuldet das Luftfahrtunternehmen bei einer Umsteigeverbindung auch die Weiterbeförderung mit dem Anschlussflug. Ein Luftfahrtunternehmen hat Umsteigeverbindungen, die bei einheitlichem Flugschein in mehreren Abschnitten erfolgen, so anzubieten, dass grundsätzlich genügend Zeit zum Umsteigen bleibt. Wenn es zeitlich knapp wird, hat das Luftfahrtunternehmen Vorkehrungen zu treffen, dass der Fluggast seinen Anschlussflug noch erreichen kann. Dieses kann beispielsweise einen beschleunigten Transfer oder ein länger offenes Boarding realisiert werden (vgl. LG Leipzig, Urt. v. 10.11.2008, 6 S 319/08).

Wurde die Reise nicht einheitlich gebucht, so hat das Unternehmen die Verspätung am Endreiseziel zu verschulden, die den Zubringer verspätet durchgeführt hat (vgl. AG Frankfurt am Main, Urt. v. 21.12.2007, 32 C 1003/07-22).

Zu diesem Thema empfehle ich folgenden Beitrag auf der Website passagierrechte.org:

http://passagierrechte.org/Anschlussflug_verpasst_-_Rechte

 

Folglich dürfte Ihnen ein Ausgleichsanspruch in voller Höhe zustehen, sofern die Airline nicht substantiiert vorträgt, warum ein außergewöhnlicher Umstand auf dem Vorflug vorlag und sie sich darauf berufen können. Da sich die Airline bis jetzt nur auf die eine Stunde Verspätung in Frankfurt beruft, so können Sie hier entgegenhalten, was ich oben unter 2. erläutert habe.

Viel Erfolg!

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Hallo Fragesteller,

 

Problematisch ist in Ihrem Fall, dass die Verspätung auf dem Vorflug resultiert.

Das AG Rüsselsheim argumentierte einst, dass außergewöhnliche umstände, die auf dem Vorflug auftreten, nur für den nachfolgenden Flug, nicht allerdings für alle weitergehenden Flüge gelten können. Dies ist insbesondere damit zu begründen, dass Passagiere nicht von der Organisation der Airline, die Flüge im Umlaufverfahren durchzuführen, beeinträchtigt werden sollen (vgl. LG Hannover, Urt. v. 18.01.2012 – 14 S 52/11). Die Unvermeidbarkeit eines außergewöhnlichen Umstands liegt nur dann vor, wenn das Luftfahrtunternehmen alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um den Umstand zu verhindern, diese Maßnahmen aber gescheitert sind (vgl. BGH, Urt. v. 04.10.2010 – Xa ZR 15/10).

Problematisch ist hier allerdings, dass die Airline sich auf einen Technischen Defekt beruft. In der Regel stellen solche aber keinen außergewöhnlichen Umstand dar.

Ein technischer Defekt führt unterdessen zu einem außergewöhnlichen Umstand, wenn der Defekt nicht im Einflussbereich des Flugunternehmens steht. Treten also Defekte ein, die für das Luftfahrtunternehmen nicht beherrschbar oder vorhersehbar sind, so liegt ein außergewöhnlicher Umstand vor und das Unternehmen ist nicht zur Ausgleichszahlung verpflichtet.
 

Entscheidend ist außerdem die Gesamtverspätung am Endreiseziel(vgl. AG Frankfurt am Main, Urt. v. 13.12.2011, 29 C 655/12 (11)). Maßgeblich ist nämlich der letzte Zielort i.S.v. Art. 2 lit. H VO, an dem der Fluggast infolge der Verspätung später als zu geplanten Ankunftszeit ankommt (vgl. LG Berlin, Urt. v. 15.10.2013, 54 S 22/13). In Ihrem Fall also die 15 Stunden.
Dies steht meist auf dem Flugschein. Wichtig ist also, dass die Teilstrecken trotzdem einheitlich gebucht wurden. Denn in diesem Fall wird die Weiterbeförderung vertraglich geschuldet. In diesem Fälle hätten Sie Ansprüche auf Art. 7 der VO.

 

- Ausgleichszahlung in Höhe von 250 Euro bei einer Flugstrecke von weniger als 1.500 Kilometern

- Ausgleichszahlung in Höhe von 400 Euro bei einer Flugstrecke zwischen 1.500 und 3.500 Kilometern

- Ausgleichszahlung in Höhe von 600 Euro bei einer Flugstrecke von mehr als 3.500 Kilometern

 

Liegt keine einheitliche Buchung der Flugreise vor, so trifft das Luftfahrtunternehmen das Vertretenmüssen der Verspätung, welche den Zubringerflug durchgeführt hat. Allerdings wäre in diesem Fall die Verspätung wohl zu geringfügig um Ausgleichszahlungen anzustreben.

 

 

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Lieber Fragensteller,

wirft man allein einen Blick in die Fluggastrechte-VO, erscheint das Argument der Lufthansa zunächst richtig. Denn dort heißt es unter Art. 6 Abs. 1 VO: 

Ist für ein ausführendes Luftfahrtunternehmen nach vernünftigen Ermessen absehbar, dass sich der Abflug

a) bei allen Flügen über eine Entfernung von 1500 km oder weniger um 2 Stunden oder mehr

b) bei allein innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1500 km und 3500 km um 3 Stunden oder mehr

c) bei allen nicht unter Buchstaben a) oder b) fallenden Flügen um 4 Stunden oder mehr 

gegenüber der planmäßigen Abflugzeit verzögert, so werden dem Fluggast (verschiedene Leistungen angeboten).

Aus diesem Art. ergibt sich nämlich, dass bei einer Verspätung im Rahmen der Fluggastrechte-VO grundsätzlich auf eine Abflugverspätung und nicht auf eine Ankunftsverspätung abgestellt wird. D.h. in ihrem Fall würde es hiernach nicht darauf angekommen mit wie viel Verspätung sie in Fort Myers angekommen sind, sondern mit wie viel Verspätung sie in Hamburg gestartet sind. Diese Verspätung betrug lediglich 1 h 13 min und war damit zu kurz um die Ansprüche gem. Art. 6 VO auszulösen. Hier würde es mind. einer Verspätung von 2 Stunden bedürfen.

Allerdings kommt es in einem Fall wie ihrem nicht allein auf die VO an. Denn der EuGH hat in zwei Entscheidungen abweichende Voraussetzungen für Ansprüche des Fluggastes bei Verspätungen entschieden.

1. Urteil Sturgeon u.a. ./. gegen Condor Flugdienst GmbH und Air France SA (bei Google nachzulesen unter "Reise-Recht-Wiki.de C-402/07 und 432/07") 

In diesem Urteil entschied der EuGH, dass auch Fluggästen die eine große Verspätung erleiden entgegen dem Wortlaut der VO ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen gem. Art. 7 VO zusteht. Eine solche große Verspätung ist gegeben, wenn der Passagier sein Endziel, d.h. hier Fort Myers, erst mit einer Verspätung von 3 oder mehr Stunden erreicht.

2. Urteil Folkerts ./. Air France (bei Google nachzulesen unter "Reise-Recht-Wiki.de C-11/11")

In diesem Urteil entschied der EuGH, dass es bei Flügen, die sich aus mehreren Anschlussflügen zusammensetzten, und bei denen der Passagier eine erhebliche Verspätung erleidet, weil er aufgrund einer geringen Abflugverspätung einen Anschlussflug verpasst, für die Beurteilung einer Verspätung auf eine Ankunftsverspätung am Endziel ankommt.

Das bedeutet für ihren Fall, dass es schlichtweg falsch ist zu sagen, dass Ihnen kein Anspruch auf Ausgleichsleistungen zusteht, weil die Abflugverspätung in Hamburg zu gering war. Vielmehr ist nach dem EuGH auf eine Ankunftsverspätung am Endziel abzustellen, die in ihrem Fall 15 Stunden betrug. Diese Verspätung stellt deutlich eine große Verspätung dar und berechtigt Sie daher durchaus eine Ausgleichleistung gem. Art. 7 VO von der Airline zu fordern.

Zu beachten ist hierbei lediglich, dass der EuGH ebenfalls entschieden hat, dass auch im Rahmen einer Verspätung die Airline die Möglichkeit hat, sich durch den Beweis eines außergewöhnlichen Umstandes von seiner Leistungspflicht zu befreien gem. Art. 5 Abs. 3 VO.

D.h. kann die Airline sich nicht auf Art. 5 Abs. 3 VO erfolgreich berufen, muss Sie ihnen eine Ausgleichszahlung leisten.

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Wenn ich aus unserer Geschichte eins gelernt habe, dann, dass ich nächstes Mal sofort zum Anwalt gehe und mich nicht erst hinhalten lasse. Das ganze warten und Hin- und Hergeschreibe mit der Fluggesellschaft hat sowieso nichts gebracht. Erst als unsere Anwälte sich eingeschaltet hatten, ging es voran. Ich empfehle je nach Problemlage immer einen Fachanwalt einzuschalten. Wir wohnen in der Nähe von München, haben aber trotzdem eine Fachkanzlei in Berlin beauftragt und die sachbearbeitende Rechtsanwältin sass sogar in Steinhöfel. Es ist immer besser mit Fachanwälten vorzugehen. Die kennen sich aus. 

Die wissen eben auch (jetzt im Nachhinein weiss ich es auch, aber eben zu spät), wie Fluggesellschaften ihre Kunden an der Nase herumführen:

Bei web.de: Fluggastrechte: Wie Airlines tricksen, um sich vor Zahlungen zu drücken

 
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